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Update: 23.07.11

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Vor der Kirche des Heiligen Antonius von Padua.

 

Irgendwo hier soll Casanova gewohnt haben ... oder war es Marco Polo?

 

Toller Blick vom Campanile der San Marco Basilika - und das tollste ist, es gibt einen Fahrstuhl ...

 

Wenn man gaaaanz genau hinguckt, erkennt man das linke Ohr des Papstes ...

 

Michelangelos Auferstandener Christus

 

Tja, jetzt muss ich wohl wiederkommen ...

 

Detail im Garten der Villa d'Este.

 

Mit M. & E. auf der Hauptstraße von Poli.

 

DER GEIST VON SAN ANGELO

ODER

DAS LINKE OHR DES PAPSTES

 

Die Deutschen und Italien - das ist wohl eine der ältesten Liebesbeziehungen des Abendlandes, die manchmal ziemlich stürmisch verläuft, aber gerade deshalb wohl von echter Leidenschaft zeugt. Schon wenn man die majestätischen Alpen hinter sich gelassen hat und in die weite Poebene gelangt, wenn die ersten ockerfarbenen, verwickelten Dörfer und allgegenwärtigen Madonnenbilder auftauchen, entschlüpft dem teutonischen Herz ein wohliger Seufzer: "Ach, Italien ..."

Einige Kilometer später entschlüpften Mark G. und uns Beifahrern noch ein paar ganz andere Worte, während italienische Autofahrer uns von links und rechts gleichzeitig überholten, und ein dritter so dicht auffuhr, dass wir die Nasenhaare des Fahrers zählen konnten. So wie die Italiener Fußball spielen, so fahren sie auch: sehr schnell, forsch und unberechenbar, gleichzeitig aber auch von bewundernswerter mediterraner Lässigkeit. Und plötzlich bekommen all die Heiligen- und Madonnenbilder an den Straßenecken auch einen Sinn ...

"Crazy Italians" war wohl der am häufigsten ausgesprochene Satz in dieser Woche, manchmal flüsternd, mit geschlossenen Augen und verkrampften Händen, dann laut aufschreiend und mit kreidebleichem Gesicht das Auto anstarrend, dass auf unserer Spur auf uns zu hält, nur um im letzten Moment auszuweichen.

Das schlimmste am italienischen Straßenverkehr ist, dass es keine Regeln gibt; es existieren zwar dieselben Verkehrsschilder wie hierzulande, doch sie sind keinesfalls verbindlich, sondern eher freundliche Vorschläge, über die man nachdenken kann. Wenn die Höchstgeschwindigkeit 50 km/h beträgt, heißt das, es ist mindestens 50 zu fahren, idealerweise aber 70. Überholt werden darf grundsätzlich überall, rote Ampeln bedeuten eine Herausforderung für Schumi-Fans, und wenn sie könnten, würden sie auch noch unter dem Wagen des Vordermannes durchkriechen, um ihn hinter sich zu lassen. Italiener sind vermutlich die besten Autofahrer der Welt, anderenfalls wäre dieses Volk schon vor Jahrzehnten ausgestorben.

 

Unser erster Stopp war Aquileia, mit über hunderttausend Einwohnern einst die viertgrößte Stadt Italiens, heute, ca. 2000 Jahre später, ist es ein verschlafenes Kaff. In Padua haben wir dann ewig nach der Kirche des Heiligen Antonius gesucht (auch um ihm für eine sichere Ankunft zu danken) und dabei einen alten Bekannten getroffen: Der Heilige mit dem Baby auf dem Arm tauchte schon in einigen Filmen auf (z.B. Echte Frauen haben Kurven), wo es hieß, dass er besser arbeitet, wenn man ihm das Kind wegnimmt. Haben wir aber nicht probiert.

Anschließend haben wir den Fehler gemacht, dort zu essen, wo alle Touristen hingehen, und wurden prompt mit einer angebrannten Pizza und einem unfreundlichen Kellner bestraft. Aber was soll's? Wir haben Urlaub und sind in einem der schönsten Länder der Welt. Außerdem hatte unser Hotel eine Klimaanlage, und dafür muss man nun wirklich dankbar sein.

 

Ich kenne Leute, die lieben Venedig über alles, und andere, die nie wieder dort hinwollen, weil sie die stinkenden Kanäle anekeln und der permanent fortschreitende Verfall deprimiert. Um ehrlich zu sein, es hat tatsächlich etwas gerochen - nach Meer und auch ein wenig nach stehenden Gewässern, aber das war halb so wild, und nirgendwo auf der Welt wird Verfall stilvoller in Szene gesetzt als hier. Venedig war sogar sauberer als so manch andere Stadt auf dem Stiefel, es wurde sehr viel renoviert, und allein die Tatsache, dass hier keine Autos fahren, nimmt einen auf der Stelle für sie ein.

Okay, der Massentourismus ruiniert ein wenig die Stimmung (von lärmenden Chinesen auf der Piazza San Marco über den Haufen gerannt zu werden, lässt nur wenig Romantik aufkommen), und dass die Kirchen entweder geschlossen sind oder Eintritt verlangen - geschenkt, schließlich wird man mehr als genug entschädigt durch wunderschöne Kunstwerke und malerische Gassen und Kanäle. Was einen jedoch völlig verzweifeln lässt, sind die Straßenkarten: Nachdem ich Stunden damit zugebracht hatte, eine geeignete Route auszuwählen, die uns an möglichst viele Sehenswürdigkeiten vorbeiführt, war all die Mühe bereits nach 15 Minuten für die Katz', weil wir uns verirrt hatten. Die Namen der Straßen stimmen nicht mit denen auf den Plänen überein, manche gibt es doppelt, Häuser werden nach Vierteln durchnummeriert (es heißt, dass sich sogar Postboten regelmäßig verlaufen), und manche Durchgänge existieren schlichtweg gar nicht, weil, anders als auf der Karte eingezeichnet, ein Haus im Weg steht - und das schon seit mindestens zweihundert Jahren ...

In diesem Fall kann man nur eines machen: Alle Pläne aufgeben und sich treiben lassen, den Zauber von Venedig genießen und im Herbst oder Winter wiederkommen.

 

Auf der Fahrt nach Rom haben wir einen Abstecher nach San Gimignano gemacht, wo ich zuletzt vor 18 Jahren mit der Schule war. Einiges hat sich seither verändert: Der Dom ist renoviert (und verlangt natürlich Eintritt, aber die fanstatischen Fresken sind es allemal wert), und an der Piazza della Cisterna residiert die beste Eisdiele der Welt (Weltmeistertitel 2003). Sechs unbeschreiblich köstliche Eiskugeln und drei Millionen Kalorien später rollten wir dann zum Wagen zurück.

Am späten Abend erreichten wir San Angelo, die Villa unserer Gastgeber in der Nähe von Poli, einem verwunschenen kleinen Städtchen, das wie ein Schwalbennest auf einem Bergrücken klebt. Von der Terrasse aus bot sich uns ein traumhafter Blick auf das nächtliche Rom, den wir mit einem Glas Rotwein so richtig genießen konnten J

In der Nacht mussten wir dann feststellen, dass wir nicht ganz so allein waren, wie wir uns das gewünscht hätten. Die arme E. wurde über 120 (!) Mal von Mücken gestochen, die danach immerhin so satt waren, dass sie uns andere in Ruhe ließen. Dafür hatte ich eine seltsame Begegnung um Mitternacht: Im Bad hörte ich deutlich, wie jemand "Hey" rief, obwohl ich allein war und Mark G. im Nebenzimmer beteuerte, mich nicht gerufen zu haben. Aber ob es tatsächlich der Geist war, der in dem ehemaligen Kloster umgehen soll, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen; wenn es so war, war er uns immerhin freundlich gesonnen ...

Nach wenigen Stunden Schlaf, ging es mit dem Bus um sieben Uhr (so früh stehe ich nicht mal auf, wenn ich keinen Urlaub habe) und bei knapp 30 Grad auf nach Rom. Die Müdigkeit hat immerhin verhindert, dass uns die halsbrecherische Fahrt allzu sehr aufgeregt hat, obwohl E. schon ein wenig blass um die Nase war.

Wir begannen im Vatikan - nur um festzustellen, dass der 29.6. ein Feiertag ist (Peter und Paul) und alles geschlossen hat. In Sankt Peter sollte der Papst eine Messe halten, die Basilika war bereits hell erleuchtet und völlig überfüllt. Geduldig warteten wir auf den Einzug der hohen Geistlichkeit, doch als es schließlich soweit war und der Papst unter dem frenetischen Jubel und Applaus der Menge (ungefähr so wie bei einem Auftritt von Robbie Williams) das Mittelschiff entlang schritt, war von ihm fast nichts zu sehen, weil die Menschen aufsprangen und vor Begeisterung sogar auf ihre Stühle kletterten. Die Position des Papstes war lediglich anhand des fortschreitenden Blitzlichtgewitters zu erkennen, und als er auf meiner Höhe war, gelang es mir tatsächlich, einen flüchtigen Blick auf das päpstliche linke Ohr zu erhaschen.

Wenn man an einem Feiertag in Rom unterwegs ist und die berühmten Kirchen besichtigt, kommt man nicht umhin, einige Messen zu hören. Nach Sankt Peter lauschten wir auszugsweise den Gottesdiensten in Sant' Agnese in Agone, Santa Maria sopra Minerva (meine Lieblingskirche in Rom; Michelangelos Auferstanden Christus sollte man unbedingt gesehen haben) und im Pantheon, wo die Anzahl der Touristen die der Gläubigen bei weitem übertraf, bevor wir am Abend noch der Andacht in Santa Maria Maggiore beiwohnten und dem himmlischen Chor lauschten. Dermaßen gesegnet, hätte eigentlich nichts schief gehen dürfen, doch leider wurde E. in der U-Bahn das Opfer eines Taschendiebes.

 

Am Freitag konnten wir endlich in die Vatikanischen Museen, die überlicherweise von 25.000 Menschen am Tag besucht werden, und da am Vortag geschlossen war, waren es vermutlich doppelt so viele. Wir kamen nur zehn Minuten, nachdem sie geöffnet hatten, an - doch da wartete bereits eine endlose Menschenschlange auf Einlass. Nach fünfzehn Minuten Fußweg hatten wir deren Ende immer noch erreicht und beschlossen, ein bisschen zu mogeln. Blitzschnell schmuggelten wir uns in die nächste Touristengruppe - doch dummerweise kam die aus Japan ...

Anderthalb Stunden später erreichten wir endlich den Eingang und staunten nicht schlecht, denn abgesehen von den Kassen für Gruppenreisende, die total überfüllt waren, herrschte an den Schaltern für Einzelkarten gähnende Leere. Ach ja, Italien ...

Wiederum zwei Stunden und unzählige Kunstwerke später kapitulierten unsere Hirne und Sinnesorgane vor einem Übermaß an Schönheit und Kunstfertigkeit - und dabei waren noch einige Säle geschlossen. Alles in allem kann man aber sagen, dass sich die lange Wartezeit gelohnt hat, schon allein wegen der Sixtinischen Kapelle, die man einfach im Original gesehen haben muss, um sie richtig würdigen zu können. Am Ausgang wurden wir dann von Mark G. mit Erfrischungen empfangen, der sich die Zwischenzeit in einem Internetcafé vertrieben hatte.

 

Was bleibt noch zu berichten? Wir haben in Rom exzellent gespeist und können jedem nur empfehlen, die ausgetretenen Touristenpfade zu verlassen und sich den kleinen Trattorien in den Seitengassen anzuvertrauen. Je mehr Römer dort speisen, desto besser.

Für einen Bummel übers antike Forum war leider keine Zeit (wie für viele andere Dinge auch nicht), aber wir haben eine Münze in den Trevi-Brunnen geworfen, was unsere Wiederkehr sicherstellen sollte - und allemal gesünder ist als der frühere Brauch, von dem Wasser zu trinken.

Trotzdem fiel uns der Abschied schwer. Am Samstag ging es dann nach Tivoli, um Trümmer zu gucken (die Villa des Kaisers Hadrian) und uns in den verzauberten Gärten der Villa d'Este zu ergehen. Es war ein ruhiger, erholsamer Tag, an dem wir nur fünfzehn statt der üblichen zwanzig Kilometer gelaufen sind. Mittlerweile war uns klar, dass wir nach unserer Rückkehr Urlaub vom Urlaub brauchen würden, aber immerhin bestand so nicht die Gefahr, dass das viele Eis, die Pasta und Desserts bleibende Spuren hinterlassen.

Bevor es dann am Sonntag über die italienischen Autobahnen zurück nach Norden ging, mussten wir noch einen Abstecher nach Assisi machen, um uns dafür den nötigen himmlischen Beistand zu sichern. Nach all den malerisch verfallenen Städtchen und Dörfern, die man nur im Urlaub romantisch finden kann, war Assisi unglaublich proper und herausgeputzt. Natürlich platzten wir wieder in diverse heilige Messen, berauschten uns am Weihrauch und dem Gesang der Chöre und machten uns dann unwiderruflich auf den Heimweg.

Natürlich ging es auf den Straßen genau so chaotisch zu wie vor einer Woche, aber inzwischen hatten wir dazugelernt. Es bringt nichts, z.B. am Straßenrand zu warten, bis jemand anhält, damit man den Zebrastreifen überqueren kann (so denken nur die Deutschen), stattdessen geht man einfach drauflos und vertraut auf den Schutz des Heiligen an der nächsten Ecke. In Italien Auto zu fahren, heißt beten zu lernen, aber das schönste am Straßenverkehr ist - es gibt keine Regeln, nur Vorschläge ...

 

 

 

 

 

 

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